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Unsere Gesellschaft ist unterkühlt und gleichgültig

frage

Den Anteil an Gleichgültigkeit und/oder Ignoranz in Deutschland würde ich persönlich auf mindestens 80 Prozent schätzen auch wenn er mir manchmal eher den Eindruck vermittelt, dass er die 100 nahezu voll macht.

Unsere Politiker schließe ich von diesem gleichgültigen Gesellschaftsteil keineswegs aus. Nicht selten leben sie uns genau jene Ignoranz dem Nächsten gegenüber regelrecht vor. Das eigene „Ich“ steht allezeit im Vordergrund. Das Wort Vorbildfunktion scheint in deren Schulbüchern keinen Einlass gefunden zu haben. Falls doch, erinnern tut sich keiner wirklich mehr daran. Diesem gesellschaftlichen Verhalten entgegen zu steuern sieht m. E. anders aus. Wer u.a. durch Gesetze Egoismus säht muss sich nicht wundern wenn die Saat tatsächlich auch aufgeht.

Es fällt in der Bloggerwelt genauso wie im realen Leben deutlich auf. Der neueste Modetrend, technischer Fortschritt, Klatsch & Tratsch über die sogenannten Prominenten und wann die nächste Mega-Party stattfindet stellen die Hauptinteressensgebiete eines Großteils unserer Gesellschaft dar. Schnell noch ein  Tweet  mit einem coolen Spruch, dem neusten Videoclip oder Spieletrend abgesetzt – dass ist es womit man heute Begeisterungsstürme oder generell Reaktionen auslösen kann.

Die Realität wird auch von der Presse verdrängt

Schweift der Blick von diesen Themenbereichen ab und widmet sich „dem Leben da draußen“ versiegt das Interesse Stellung zu beziehen ganz massiv. Es macht den Eindruck als würde man versuchen, gesellschaftliche Probleme mit simplen Schweigen bekämpfen zu wollen. Die kommerziellen Pressehäuser in unserem Land sind dabei nicht außen vor zu lassen.

Erst wenn ein Thema zum Himmel stinkt, wenn es gut für eine reißerische Schlagzeile ist, wird darauf eingegangen und entsprechend berichtet. Eben ganz nach dem Motto: „Je dramatischer desto leichter zu verkaufen“! Auf sich anbahnende Probleme einzugehen lohnt offenbar nicht – „ist ja nichts passiert“. Das färbt mit auf die Gesellschaft ab. Das dies keine Hypothese darstellt wird dadurch belegt, dass beispielsweise einerseits über die Misshandlungsfälle in einem Seniorenheim im Saarland ausgiebig und vielerorts berichtet wird, andererseits  momentan noch „kleinere Skandale“ niemand vom Sitz reißen und unter dem typischen Verhalten „betrifft mich ja nicht“ laufen.

Gesellschaftspolitische Themen sind unangenehm, damit will man am besten gar nichts zu tun haben.

Das Kind muss schon im Brunnen liegen, solange es nur in Gefahr ist und abzustürzen droht ist das nicht so wichtig!

Wir sind eine Gesellschaft die nur bis heute denkt

Ausnahmen bilden die Regel, doch weitestgehend gilt hier folgendes Verhaltensmuster:

Unsere Spaßgeneration (~16 bis 24) denkt nur von 12 Uhr bis Mittag. Was morgen oder gar nächste Woche kommen kann interessiert hier keinen. „Ey das wuppen wir schon Digga“. Ein paar Treppchen weiter oben auf der Generationsleiter (~25 bis 40) denkt man jedenfalls schon weiter als nur bis morgen. Das eigene Wohl und Fortkommen ist es was hauptsächlich zählt.  Aber auch hier schweift der Blick nur selten vom selbst beschrittenen Weg ab und sich einmischen gibts nur dann wenn es massiv an den „eigenen Kragen“ geht.

Bei der Generation von 41 bis 60 Jahren sehe ich noch das größte Potential für eine Art von „Weit- und Umblick“, auch mal das zu sehen was um einen herum geschieht oder sich einfach mal am richtigen Ort einzumischen – landläufig auch Zivilcourage genannt. Doch dieses vermeintlich große Potential endet meist mit der Kenntnisnahme von Sachverhalten und ggf. noch einer eigenen Meinung dazu. Letzteres doch eher hinter vorgehaltener Hand. „Lass das mal die anderen machen“!  Doch die „anderen“…. die tun eben auch nichts und somit ist das Ende der Spirale schon erreicht.

Nur ein kurzes Beispiel: Für eine Petition zur Abschaffung der GEZ durch zu bringen ist kein Problem, da zeichnet jeder mit weil es an sein Geld geht. Eine Petition zur Stärkung der Menschenrechte im Alter erfolgreich auf den Weg zu bringen… keine Chance. Ihr versteht bestimmt was ich damit zum Ausdruck bringen möchte.

Gib allen nur das Beste, doch mir bitte nicht die Reste

Die Bezeichnung „Nimmersatt-Konsumgesellschaft“ findet durchaus seine Berechtigung. Ein bisschen „nimmersatt“ sind wir wohl alle geworden – oder vielleicht auch gemacht worden – wer weiß. Trotzdem sollte man den Blick fürs wahre Leben nicht ganz dem Konsum und Partyleben zum Opfer werden lassen. Diese Abgrenzung erscheint leider sehr verschwommen zu sein und eine grundlegende Besserung ist nicht in Sicht.

Gerade Dinge die zeitlich betrachtet noch weit weg sind werden bewusst übersehen. Eines sollte aber klar sein, was man heute ändern könnte und dennoch nicht tut holt uns irgendwann selbst ein. Wollen wir das wirklich?

Die Politik kümmert sich – bewusst oder auch nicht – um die wahren Probleme unserer Zeit viel zu wenig. In jedem Fall aber nur halbherzig und deswegen auch ohne durchschlagenden Erfolg. Wenn WIR nur zu sehen und nichts unternehmen dürfen wir alles tun – nur nicht hinterher jammern weil es so ist wie es ist!

 

 

 

7 Gedanken zu „Unsere Gesellschaft ist unterkühlt und gleichgültig“

  1. Also wenn du auf Verbesserungen hoffst und dann die Politiker mit ins Boot holen willst, dann lass es lieber gleich, da kommt nichts bei rum, es sei denn, du machst das vor der nächsten Wahl, dann dokumentiere es aber auf Video, denn nach der Wahl kann er/sie sich mit Sicherheit nicht mehr erinnern, wofür er mal eingetreten ist. Bestes Beispiel ist die Grüne Verbotspartei, Sie haben unter Schröder wirklich alle ihre Positionen verraten, wie Kriegseinsätze, Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und den größten Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik, in Umfragen waren sie aber noch nie so gut wie in den letzten 15 Monaten. Noch Fragen? :evil:

    1. @Aquii: Die Dokumentation auf Video würde auch nichts bringen. Sie würde zwar beweisen was gesprochen wurde, doch wen schert das? Die Politiker bestimmt nicht. Außerdem hätten sie Ausreden ohne Ende, warum das „jetzt anders ist“ als zum Zeitpunkt der Videoaufzeichnung. Den Aufwand kann man sich wirklich sparen. Und…. Du müsstest erst mal einen Politiker zur Aussage bewegen können!

      @Ulf: Wer genau hinsieht… hinhört dem muss es bekannt vorkommen :wink: . Mit der besagten Portion Gleichgültigkeit natürlich nicht.

  2. Ich stimme dir vollkommen zu. Allerdings schreibst du, daß die Presse die Realität verdrängt. Und ich denke da irrst du leider. Es ist keineswegs ungewollt das dort nichts zu lesen steht.
    Die Presse ist ausschließlich (Mit kaum noch messbaren Ausnahmen) dazu da den Zustand den du beschreibst zu zementieren und die nötigen Feindbilder aufzubauen, damit die oberen 1% weiterhin so weitermachen können wie bisher.
    Bevor ich mich jetzt aufrege mach ich hier mal n Punkt. :)
    Gruß, Max

  3. @Max: Du hast ein Stück weit auch Recht was die Presse betrifft. Aber auch das „gewollte Schweigen“ der Presse ist gewissermaßen eine Verdrängung der Realität. Wie auch immer diese genau angesiedelt sein mag, sprich wie sie auch gesteuert wird. Das mit dem „nicht aufregen“ ist gar nicht immer so einfach….

  4. Pingback: Jahresrückblick 2012 – Teil 1 › Nicht spurlos

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