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Verschwendung von barrierefreiem Wohnraum in Hamburg

In Hamburg ist der Wohnraum knapp. Barrierefreie Wohnungen sind auch nicht im Überfluss vorhanden und werden teils händeringend gesucht. Und trotzdem gibt es Vermieter, die über entsprechenden Wohnraum verfügen und diesen dann im wahrsten Sinne des Wortes zweckentfremden.

Volles Unverständnis zeigt sich bei mir, wenn behindertengerechter, also barrierefreier Wohnraum an 20-jährige vermietet wird obwohl es Interessenten gibt die diesen Wohnraum wirklich nötig haben, eben weil sie z.B. an einen Rollstuhl gebunden sind. Ich habe es selbst erlebt, war bei den Besichtigungen mit dabei und konnte mir mein eigenes Bild machen.

Einer der Interessenten suchte dringend für sich und seine gehbehinderte Frau eine rollstuhlgerechte Wohnung, damit er sich durch die engen Türen nicht Hucke-Pack tragen muss. Er wäre sogar bereit gewesen die Wohnung zu kaufen, weil er sie eben dringend benötigte. Ein weiteres Ehepaar suchte für seine Eltern die ebenso auf barrierefreien Wohnraum angewiesen sind eine neue Bleibe. Auch sie hätten den Mietvertrag auf der Stelle unterzeichnet. Nichts da, auch sie bekamen die Wohnung nicht.

Mit haarsträubenden Begründungen wie

für zwei Personen sind 58m ² viel zu klein…..

war die selbst noch sehr junge Vermieterin um sich, welche sich die Neubau-Wohnung nur zur Kapitalanlage gekauft hatte.

Jetzt wird aus einer behindertenrechten Wohnung eine Junggesellenwohnung für einen Auszubildenden, der ganz sicher nicht auf eine befahrbare Dusche, ein geräumiges Bad und verbreiterte Türen angewiesen ist. Ein schicki-micki Partyraum mit Balkon wird es wohl werden – eine absolute Frechheit in meinen Augen.

Ob die Wohnung mit Förderungen bedacht wurde kann ich nicht sagen. Aber selbst wenn nicht, die Tatsache dass eine Maklerin für die Vermittlung involviert war ist schon schlimm genug. Gerade sie sollte wissen, dass derartiger Wohnraum mehr denn je gesucht ist und hier vollkommen fehlvermietet wird.

13 Gedanken zu „Verschwendung von barrierefreiem Wohnraum in Hamburg“

  1. Du hast absolut recht – so etwas gehört verboten. Zumal dies sicher kein Einzelfall ist.

    Was Makler angeht: ich bin der Meinung, dass derjenige, der explizit einen anheuert, ihn auch bezahlen sollte. In den meisten Fällen also die Vermieter bzw. Immobilienbesitzer. Ist doch irre, dass die einen Makler dazwischenschalten, den andere dann entlöhnen müssen. (Am besten ist es dann noch der Schwippschwager und die Courtage wird hübsch geteilt… alles schon erlebt).

  2. Einzelfall sicherlich keiner, da bin ich mir sicher. Es ist menschlich absolut asozial jemanden der so eine Wohnung wirklich braucht hinter den zu stellen, dem auch jede andere Wohnung dienen würde. Im geschilderten Fall sponsoren die Eltern die erste Wohnung. Und Geld interessiert die Vermieterin definitiv mehr als alles andere.

    Die Courtage welche fällig wird verwehrt vielen Bedürftigen für eine barrierefreie Wohnung den Zugang dazu. Da sind schnell mal inkl. der erste Miete 3000 € fällig.

  3. Klar ist das ärgerlich, aber dem Eigentümer, der einfach nur vorrausschauend geplant hat für alle Fälle, jetzt einen Vorwurf draus zu machen, geht ja gar nicht. Wenn ich ein fettes Auto fahre, heisst das doch auch nicht, ich sammel alle Leute, die reinpassen, ein. Wenn man die Eigentümer verpflichten würde, barrierefreien Wohnraum nur an Bedürftige zu vermieten… würde niemand mehr so bauen (viieel teurer). Also wem nun einen Vorwurf machen? Dem Gourmet-Koch, weil er Delikatessen kocht und die Leute draußen haben Hunger?
    Dass die Menschlichkeit in unserer Gesellschaft auf der Strecke geblieben ist, ist natürlich unstrittig. Jetzt kann ich mal so sagen „das war früher besser“. Da wurde das, was da war, geteilt. Geholfen. Weil es so ein schönes, warmes, unbezahlbares Gefühl macht. Kennt das jemand? :denk:

    1. @Miki: Meinungen gehen natürlich auseinander, das ist normal. Aber schau mal….. Du kaufst Dir eine Immobilie als Kapitalanlage, dagegen ist ja nichts einzuwenden. Aber warum kaufst Du Dir eine barrierefreie Immobilie in einer Wohnanlage mit Seniorenwohnungen? Welche Absicht steht dahinter wenn nicht die, die barrierefreie Wohnung an Senioren für „gutes Geld“ zu vermieten. Immerhin kosten hier die 58 m² knapp 800 €. Dies nicht zuletzt deswegen weil die Bezeichnung „barrierefrei“ dabei steht, das ist ähnlich wie ein Markenname anzusehen. Mal ganz abgesehen davon, dass in besagtem Haus ausnahmslos alte Menschen, hilfsbedürfte Menschen wohnen. Da passt alleine vom Wohnverhalten hergesehen kein junger „Partymensch“ rein, oder?

      Mit einem Luxusauto oder einem Feinschmeckerrestaurant kannste das nun wirklich nicht vergleichen, denn der Mangel an barrierefreien Wohnungen ist unbestritten groß.

  4. Finde sowas auch unbegreiflich, warscheinlich kommen auch schon nach einer Woche die ersten Beschwerden von den anderen Anwohnern wenn es mit feiern usw. losgeht ;)

  5. @ Miki: Wow. Der Vergleich hinkt echt gewaltig.
    Es geht nicht darum, jemandem aus ‚Mitleid‘ ein Almosen zu geben. Schließlich zahlen alle einen Gegenwert – in diesem Fall: über 13 EUR pro Quadratmeter an Miete.

    Aber es wundert mich nicht, dass solche Kommentare zustande kommen.
    Die meisten Menschen erkennen asoziales Verhalten nicht mal mehr, wenn es ihnen in den Allerwertesten beißt.

    1. @Timo: Das kann gut möglich sein… Einweihungsfete & Co. lassen grüßen. Dann hat die Vermieterin bald wieder mit einem Mieterwechsel zu tun. Nur zu, nur zu….

      @Michaela: Das ist es nämlich, ich hatte ja nicht geschrieben dass hier etwas zu Dumpingpreisen weitergegeben werden soll. Aber um auf den Autovergleich nochmal zurückzukommen. Selbst wenn ich mir eine „Staatskarosse“ anschaffe….. den Berechtigungsschein für das parken auf Behindertenparkplätzen bekomme ich deswegen nicht mitgeliefert :wink: . Das eine hat mit dem anderen nämlich wirklich nichts zu tun.

  6. Nun ich bin Berliner und weiß vom Hamburger Immomarkt nur soviel viel: zu teuer (mal nur so 13,00 Euro der qm, haha). Und ich gebe jedem recht: Eigentum verpflichtet, aber was wollt Ihr dem Vermieter sagen? „Du investierst und bekommst gleich noch den Kodex wie du vermietest“? Nein, es ist gut, dass die Vermieterin in eine solche Wohnung investiert, denn nur so wird solcher Wohnraum geschaffen und es ist keine Zweckentfremdung. Vielleicht hat Sie Verwandte, mit Bedarf in Zukunft, und der Vertrag läuft auf Zeit.
    Also nicht auf einzelne loshacken, wir leben in der sozialen Marktwirtschaft und beides sozial als auch Markt wurden abgeschafft. Bitte wählen gehen oder sich selbst engagieren. Vorbild sein, nicht Ankläger. :yes:

    1. @Pirat: Willkommen bei Nicht spurlos. Zunächst bin ich mir mal sicher, dass man auch in Berlin diesen m²-Preis bei einem barrierefreiem Neubau berappen muss. Dass dies teuer ist bleibt unbestritten, spiegelt aber auch Angebot und Nachfrage.

      Von einem Kodex ist hier nicht die Rede, das hatte ich in meinem Kommentar (#4) aber auch schon verdeutlicht. Du schreibst:

      denn nur so wird solcher Wohnraum geschaffen

      „Solcher Wohnraum“? Du bist also auch der Ansicht, dass es kein „herkömmlicher“ Wohnraum ist? Und dennoch steht im zweiten Teil Deines Satzes, dass es keine Zweckentfremdung ist. :denk:

      Der neue Vertrag läuft genauso unbefristet wie es der bisherige Vertrag auch tat. Der neue Mieter ist auch kein Freund der Familie. Er braucht lediglich eine Wohnung in Hamburg, weil am 1. August seine Ausbildung beginnt und er 100 km außerhalb wohnt(e). Das vermute ich nicht nur, ich weiß es! Wer hier also die Nähe zur U-Bahn und einen barrierefreien Wohnraum wirklich nötiger hat muss ich nicht noch einmal anführen – glaube ich.

      Der Spagat zwischen Zweckentfremdung und sozialer Marktwirtschaft ist mir etwas zu groß. Ich trete hier auch nicht als klassischer Ankläger auf sondern berichte lediglich über einen selbst erlebten Fall.

      Ich bin Wähler. Doch das ändert es auch nicht. Hier greift in erster Linie die Menschlichkeit bei der Wohnungsvergabe. Und die bleibt hier völlig auf der Strecke. Ich sage es mal so….. ich werfe dem Einbeinigen lieber einen Euro in seinen Hut als der aufgetakelten Dame die aus einer Boutique stolziert….. auch dann, wenn beide nur 3 Meter voneinander entfernt sind :wink: .

  7. Also ich finde das absolut gerechtfertigt, dass die einen sagen, dass es eine absolute Frechheit ist, wenn eine barrierefreie Wohnung an eine junge Person vermietet werden, aber andererseits stimmt es auch wieder, dass man niemanden verpflichten kann, wie er sein Eigentum nutzt. Klar ist es gut, wenn ein einzelner etwas für das Allgemeinwohl tut, aber das ist lange noch keine Leistungspflicht.
    Aber zu dem barrierfreien Wohnen kann man sich auch Alternativen überlegen- das ist die Meinung vieler Vermieter. Es gibt zahlreiche Pflegeheime in Hamburg, aber auch betreutes Wohnen ist eine Möglichkeit. Allerdings bedenken sie dabei nicht, dass die meisten solange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben möchten. Ein Altenheim bzw. Pflegeheim hat heute meistens sehr hohen Standard aber trotzdem ist das für viele keine endgültige Lösung, weil sie zu schlechte Assoziationen zu diesen Einrichtungen haben.

    1. @Nicole: Willkommen bei Nicht spurlos. Es bleibt natürlich streitbar wie ein Vermieter mit seinem Mietobjekt verfährt. Trotzdem rücke ich von meiner o.g. Meinung nicht ab, denn es hätte 2 Interessenten gegeben die auf eine solche Wohnung angewiesen gewesen wäre – Bonität inbegriffen. Und dann an einen Azubi zu vermieten halte ich schlichtweg für pervers, sorry wenn ich hier sehr deutlich argumentiere.

      Die „schlechte Assoziationen“ welche Du erwähnt hast sind aber auch nicht unbegründet. Leider liest man nur viel von „guten Heimen“…. die absoluten Negativerlebnisse bringen die wenigsten ans Tageslicht – obwohl sie vorhanden sind. Trotzdem spricht sich sowas rum. Und wenn dann jemand den Gang ins Seniorenheim ablehnt kann ich durchaus nachvollziehen.

      Nichts desto trotz, man darf in der eigentlich hier beschriebenen Angelegenheit Seniorenheime (ob mit oder ohne betreutes Wohnen) nicht in einen Topf werfen. Denn eine barrierefreie Wohnung hat mit einem Seniorenheim rein gar nichts zu tun. Denn barrierefrei wohnen müssen auch Menschen die sonst alles selbst bewältigen können, aber eben einen gewissen Standard die Wohnung betreffend benötigen (breitere Türen, begehbare Dusche etc.).

  8. Hallo Thomas,

    Deine beschriebenen Erfahrungen sind leider kein Einzelfall, viele unserer Senioren erleben das Tag für Tag, zum Teil erhalten Sie die haarsträubendsten Absagen.

    In vielen Fällen erhalten die Hausbesitzer noch staatliche Zuschüsse um die Wohnungen dann zu einem Wucherpreis anzubieten.

    Viele Grüße

    Andy

    1. @Andy: Willkommen bei Nicht spurlos. Der Erfolg gibt ihnen recht… den Vermietern. Es kümmert ja niemanden „von da oben“ und somit dreht sich dieses Rad immer weiter. Und wie man auch lesen kann gibt es sogar „Befürworter“ für dieses Vorgehen. Man kann ja schließlich den armen Vermietern nichts vorschreiben…. :denk: .

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