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Menschenwürde war gestern

Pflegerecht

In einem Prozess wegen Pflegemissstände entschied das Landgericht mit einem Vergleich rechtlich betrachtet auf ein „Unentschieden“. Unter dem Strich blieb außer den entstandenen Kosten nichts übrig wie ein paar Blatt Papier auf denen nun festgehalten wurde, dass das betroffene Pflegeheim unter Strafandrohung (Geldstrafe / Haft) nicht mehr im Zusammenhang mit den Vorfällen genannt werden darf.

Mehrere geladene Zeugen erschienen am Prozesstag völlig umsonst, eine Vernehmung fand nicht statt.  Nach einer vorangegangenen und wegen der Gegenseite gescheiterten Güteverhandlung ging es in dem etwa 90-minütigem Prozess um nichts anderes als den Kosten des Rechtsstreits und deren Aufteilung zwischen den Parteien. Alle Punkte die jemals im Zusammenhang mit den Pflegemängeln zur Debatte gestanden haben wurden mit keinem einzigen Wort erwähnt geschweige denn verhandelt.

Menschenwürde verschachert

Moralisch betrachtet war es meines Erachtens nichts anderes als der Verkauf von menschlicher Würde.  Nach Eröffnung der Sitzung „drängte“ der Richter gewissermaßen sofort auf die Wiederaufnahme der ursprünglich gescheiterten Verhandlungen für einen Vergleich. Die daran angeknüpften Verhandlungen um die Kostenaufteilung zogen sich über mehrere Runden hin und hinterließen bei mir den Eindruck eines orientalischen Basars. Bildlich gesprochen wurde hier bis zum Ende der Sitzung um jeden einzelnen Euro „gezockt“.

Die Wiederherstellung der Ehre eines alten und kranken Menschen scheiterte letztlich daran, dass ich mir aus finanzieller Hinsicht keine weitere Gerichtsinstanz leisten kann und das Gericht offenbar „keine große Lust“ verspürte einen womöglich über mehrere Sitzungstage andauernden Prozess zu führen. Vielleicht lag es auch mit daran, dass Pflegemissstände nicht an die berühmte große Glocke gehängt werden sollen.

Pflegeskandale im Keim ersticken

Ein Pflegemissstand ist noch kein Skandal. Ich behaupte auch nicht, dass es jemals im hier betroffenen Heim zu regelrechten Skandalen kommen wird. Trotzdem hätte ich es mir gewünscht, dass die definitiv vorgefallenen Missstände aufgearbeitet worden wären. Stattdessen wurde ich als Lügner dargestellt, alle Vorfälle wurden bestritten und von Einsicht durch die Verantwortlichen gab es keine  Spur.

Ich kann es abwarten bis durch die Medien wieder Berichte von Pflegeeinrichtungen kreisen, in denen es zum Äußersten gekommen ist – zu Todesfällen wegen mangelhafter Pflege. Die Entrüstung wird landesweit wieder enorm groß sein, auch und gerade auf politischer Ebene. Dieses Entsetzen – so sehr es auch aus meiner Sicht gerechtfertigt ist – kann ich mit meinem heutigen Wissen künftig nur noch milde belächeln. Kein Pflegeskandal entsteht aus dem Nichts und hat viele Vorzeichen die es zu deuten gilt.

Nicht hinter jedem Fehltritt von Pflegepersonal steckt zwangsläufig auch Böswilligkeit. Immer wiederkehrende Fehltritte nicht mit den Betroffenen bzw. den Angehörigen aufzuarbeiten und diese stattdessen vor Gericht zu zerren um ihnen einen Maulkorb zu verpassen zeugt weder von Größe noch von wahrer Menschlichkeit.

Totgeschwiegenes gibt es nicht

….. weil nicht sein soll was nicht sein darf. Der gesamte Prozess war letztlich eine Farce auf gesamter Ebene.

Die Öffentlichkeit hat kein wirkliches Interesse an derartigen Vorgängen. Wenn irgendein Promi eine neue Freundin hat oder nackt auf einer Yacht fotografiert wird….. das ist es was unsere Gesellschaft beschäftigt, interessiert und hinschauen lässt. Doch jedem von uns droht täglich das Schicksal zum Pflegefall zu werden und ggf. schneller als jemals gedacht Bewohner einer Einrichtung zu sein.

Für Proteste ist es dann viel zu spät weil wir selber in die Mühlen der Menschenwürde geraten sind und uns kein Gehör mehr verschaffen können.

Dort wo einer klagt schauen alle weg, wo viele klagen wird Aufmerksamkeit erreicht. Aufmerksamkeit auf die Missstände in deutschen Pflegeheimen zu erreichen ist das Ziel dem ich mich auch künftig widmen möchte. Denn eines ist trotz meiner moralischen Niederlage klar. Ich würde diesen Weg der Meldung von Pflegemissständen immer wieder beschreiten weil Pflegebedürftige unsere Hilfe brauchen – heute mehr denn je!

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Ein Gedanke zu „Menschenwürde war gestern“

  1. Du hast einen Maulkorb in deiner Sache bekommen, ich nicht.
    Auch Andere sind frei zu berichten, was es zu berichten gilt.

    Siehe unter Google:
    Buskeismus Menschenwürde Pflegebedürftige
    oder
    Buskeismus Menschenwürde Pflegeheim Maulkorb

    Noch ist dein Fall dort nicht vertreten,
    aber die Zeit und Google arbeiten auch
    ein wenig für die Gerechtigkeit in deinem Fall.

    Ein Maulkorb ist im Zeitalter der Internet-Vernetzung
    nicht mehr so ohne Weiteres möglich.
    Siehe auch in der Wikipedia zum „Streisand-Effekt“
    https://de.wikipedia.org/wiki/Streisand-Effekt

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