Ich hatte heute schon mal kommentiert, dass das Bodenpersonal beider Kirchen nicht mein uneingeschränktes Vertrauen genießt. Aber in einer Sache ziehe ich meinen Hut und sage Respekt Frau Käßmann. Die EKD-Ratsvorsitzende trat nach ihrem Alkoholausrutscher, bei dem sie mit 1,54 Promille das Rotlicht nicht mehr als solches sah, als Konsequenz von ihrem Amt zurück. Das nenne ich Zivilcourage und stehen zu den eigenen Fehlern die man begangen hat.
Glücklicherweise ist nichts passiert, es kam kein Mensch zu Schaden. Trotzdem ergibt es mehr als nur ein schräges Bild, wenn Vertreter der Kirche während der Fastenzeit betrunken durch die Gegend fahren. Einerseits Wasser predigen und dann doch Wein trinken schafft keine solide Grundlage für Vertrauen unter den Gläubigen und der Gesellschaft im allgemeinen. Deshalb und hier wiederhole ich mich gerne – Respekt vor diesem Entschluss.
Soviel Mumm in der Hose, Schuld einzugestehen haben lange nicht alle Gottesvertreter. Der Augsburger Bischof Mixa sieht beispielsweise die sexuellen Übergriffe auf Kinder in einer Jesuiten-Schule in Berlin und anderen kirchlichen Einrichtungen wie teilweise darin begründet, dass es in unserer Gesellschaft eine sexuelle Revolution gegeben habe. Damit demütigt er für meine Begriffe betroffene Kinder und deren Familien ein weiteres Mal. Diese Fast-Rechtfertigung beweist ein Fingerspitzengefühl des Kirchenoberhauptes von gleich Null.
Speziell hierzu bin ich der Ansicht, dass jemand der bekannt gewordene Missbrauchsfälle auf welche Art und Weise auch immer vertuscht sich nicht nur strafbar macht, sondern den großen Mantel des Schweigens darüber ausbreitet um seine eigene Glaubwürdigkeit damit nicht zu gefährden. Denn wie sieht das denn aus… von der Kanzel herab den Missbrauch zu verurteilen und in eigenen Reihen aber gleiches Klientel zu beschäftigen?
Zu dieser Thematik könnten sich die Katholiken von den Evangelisten etwas abschauen und auch dazu lernen. Doch soweit geht Ökumene dann auch wieder nicht – ich weiß.
Ganz ehrlich, ohne das Fahren unter Alkoholeinfluss beschönigen oder verharmlosen zu wollen, ich empfinde diesen Rücktritt als übertrieben! Wer verliert denn bitte deswegen seinen Job? Geldstrafe, Führerscheinentzug, Punkte in Flensburg. Öffentliche Entschuldigung, klar. Aber gleich von allen Ämtern zurücktreten? Sie steht so nicht zu ihren Fehlern, sie zieht sich ins Private zurück!
@Feronia: Willkommen bei Nicht-spurlos. Ob übertrieben oder nicht, Frau Käßmann hat den Rücktritt selbst angesteuert ohne dass er seitens der EKD gefordert wurde. Sie zieht sich damit sicherlich ins Private zurück, ehe es noch Auswüchse annimmt. Man weiß, dass Personen die in der Öffentlichkeit stehen doppelt und dreifach beobachtet werden. Und Frau Käßmann sagte in einem Interview zum Thema Fastenzeit „Ich verzichte auf Alkohol“. Wie glaubwürdig dies dann noch ist aufgrund dieser Promillefahrt lasse ich mal dahingestellt. Ihren Job los ist sie in dem Sinne nicht, da tun sich andere Posten auf. Da ist bei der EKD auch nicht anders als bei den Katholiken.
@Hans: Stimme ich Dir zu. Mit dem Rücktritt habe ich weder gerechnet noch hätte ich ihn gefordert deswegen. Und trotzdem zeigt dieser Rücktritt eines – menschliche Größe! Und wie schon erwähnt, Frau Käßmann geht nicht verloren. Speziell das Vertuschen der Katholen betreffend. Wenn ich hier dürfte wie ich könnte…. Dir würden wahrscheinlich die Augen tropfen Hans, glaubs mir.
@Gentle Rocker: Ich verfolge die Öffentlichkeitsarbeit des Bodenpersonals der EKD nicht so intensiv, dass ich hier große Sätze drüber schreiben könnte, ihr Bestreben betreffend. Und auch hier nochmal, es wird irgendeine Tür aufgehen. Frau Käßmann hat das Zeugs um auch andere Ämter zu begleiten, die nicht so frontbezogen sind. Lass mal Gras drüber wachsen.
wie ich schon bei mir bemerkt habe, macht so etwas aber auch menschlich. schliesslich ist auch das bodenpersonal nicht frei von fehlern, wobei die evangelischen dass sowieso nicht so extrem steif sehen wie zum beispiel die katholen.
da wird vertuscht und gelogen was das zeug hält. ich hätte mir gewünscht, frau käßmann wäre im amt geblieben. so eine person, die auch mal zu unangenehmen themen der politik stellung nimmt, brauchen wir.
Frau Käßmann hat bei mir irgendwie schon immer große Sympathien genossen; dem tut „das Wasser predigen und Wein trinken“ überhaupt keinen Abbruch. Ich hoffe inständig, dass sie uns als öffentliche Person erhalten bleibt, und in Sachen Glauben etc. weiter fleißig mitmischt
Manueller Pingback:
Ich denke, das Problem ist, dass es in der Fastenzeit passiert ist. Da ist die Vorbildfunktion besonders wichtig, vor allem, wenn man als Kirche eine solche Kampagne fährt.
Wäre das Ganze zu einer anderen Zeit passiert, hätte sie wahrscheinlich nicht zurücktreten müssen.
Gruß
Fulano
P.S. Ich mag die Bezeichnung Bodenpersonal!
Hallo. Dein Artikel gibt meine Meinung wieder. Ich denke auch, dass Frau Käßmann richtig und vorbildlich gehandelt hat. Es ist kein Problem, wenn man ihr verzeiht und sie bei nächster Gelegenheit wieder in das Amt gewählt wird, jedoch zuerst einmal eine klare Konsequenz zu ziehen ist ein wichtiges Signal. Gerade da in den letzten 30 Jahren die Bereitschaft der Anführenden sich ordentlich zu verhalten und auch Verantwortung zu übernehmen spürbar nachgelassen hat.
Für die katholischen Geistlichen, die sich des Mißbrauchs an Miderjährigen schuldig gemacht haben, empfinde ich kein Mitleid. Hier sollte der staatliche Apparat mit allen Mittel aufklären und bestrafen. Ich finde es schon dreist, daß sich jetzt verschiedene katholische Kommitees zusammensetzen um Regeln zu besprechen. Das ist doch klar ein Fall für Polizei und Staatsanwalt.
@Siegfried: Danke für Deinen Pingback zum Thema :wink:
@Fulano: Zurücktreten müssen hätte sie ja nicht, das war ja der eigene Entschluss von Frau Käßmann. Sie bewies eben Charakter und tat es dennoch, ehe vielleicht die Forderungen noch laut geworden wären. Bodenpersonal… der Begriff ist doch passend :grin: .
@Kopflast: Genau so ist es. Ein neuer Posten steht ggf. schon bald zur Verfügung und ich habe da auch kein Problem damit. Anders verhält sich das bei kirchlichen Kinderschändern. Die werden zum einen nicht zwangsläufig „entmachtet“ und zum anderen wirken sie anndernorts genauso weiter – nur keiner weiß es. Hier braucht es keine kirchlichen Regeln, Knast ist das einzige Mittel das zum Einsatz kommen sollte.
Und diejenigen, die alles vertuschen gleich mit wegsperren!