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Deutsche Blogger sind nicht der Ku-Klux-Klan

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung von Bernd Graff wird die Frage aufgeworfen, ob Blogger gefährlich sind. Auslöser dieser Fragestellung ist der Selbstmord von Paul Tilley, einem Werbe-Guru aus Chicago, im Februar. Blogger sollen den Werbemann mittels anonymen Angriffen in Blogs auf seine Person in den Tod getrieben haben

Dies zu verurteilen beurteilen steht mir weder zu noch habe ich dafür ausreichende Informationen um die Hintergründe zerpflücken zu können. Der Tod eines Menschen, egal auf welche Art, hat immer einen bitteren Beigeschmack für Kollegen, Freunde und Familie. Selbstmord bezieht jedoch m.E. eine etwas andere Wertigkeit bei Tod. 

Um Selbstmord zu begehen muss sich die Person in einer für sie ausweglosen Situation befunden haben und psychisch stark angeschlagen sein. Die Veröffentlichungen von  ohne Autorenkennung über Paul Tilley in amerikanischen Blogs als Grund dafür zu nennen ist schon etwas weit her geholt. 

Behauptungen, Beleidigungen und dgl. mehr ohne Autorenkennung zu veröffentlichen ist nicht fair, keine Frage. Doch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist eben alles etwas anders gelagert als hier zulande. Privatsphäre ist in den USA nicht unbedingt groß geschrieben. Aber wird sie in Deutschland groß geschrieben? 

Bernd Graff schreibt (Zitat): 

Es ist privat, sollte nie veröffentlicht werden, wurde dennoch in aller Abfälligkeit ohne Autorenkennung veröffentlicht – ohne dass es irgendjemanden etwas anginge. 

Besonders die Bemerkung „ohne dass es irgendjemanden etwas anginge“ finde ich interessant. Deutsche Medien machen vor der Privatsphäre auch nicht unbedingt einen Stopp. Dort wird auch munter über das Privatleben von Personen die in der Öffentlichkeit stehen berichtet. Bei Tilley handelte es sich jetzt nicht um einen Promi im klassischen Sinne, doch wo ist der Unterschied zwischen dem Privatleben eines „Normalbürgers“ und dem eines Prominenten

Von ggf. klebrigen und unsympathischen Berichterstattungen über das Privatleben anderer leben gerade die Printmedien nicht schlecht und versuchen ihre Auflagen zu steigern. Teilweise auch mit Storys, die niemanden etwas angehen, weil es eben das Privatleben betrifft! Bei der Süddeutschen Zeitung beispielsweise sogar mit einer eigenen Rubrik namens „die schönsten Zickenkriege aller Zeiten“. Gerade Schlammschlachten bei Trennungen finden verdammt großes Interesse bei den Journalisten. Geht es sie wirklich etwas an? 

Verleumdungen und unschöne Hetzkampagnen gab es immer, wird es immer geben. Diese Meinung vertrete sicherlich nicht nur ich. Schwarze Schafe gibt es vielerorts, Blogger bilden da bestimmt keine Ausnahme. Blogs für einen Selbstmord verantwortlich zu machen…. Ich weiß ja nicht so recht. 

Wie sähe es eigentlich aus, wenn ein Betreiber der gemeinten Blogs nun Selbstmord beginge, weil er der Mitschuld am Tod von Tilley bezichtigt wird? Würde einer der dem folgenden Medienartikel dann mit der Schlagzeile herauskommen, „Sind Printmedien gefährlich?“ Wohl eher nicht, hierüber würde mit großer Wahrscheinlichkeit nicht berichtet werden! 

[ironie]Ob der Artikel von Bernd Graff auch die deutsche Bloggerszene treffen soll, ob er sich vor Konkurrenz fürchtet oder einfach nur keine Ahnung vom Internet hat, ist nur schwerlich zu sagen. Selbstmorde wegen eines Blogbeitrages, eines Blogtrolls oder dergleichen wurden in Deutschland bislang nicht bekannt. Ich gehe auch fest davon aus, dass dieser Beitrag hier keinen weiteren Fenstersturz Dritter hervorrufen wird.

 

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